Harem
Das Reich der Frauen
Das Wort Harem hat arabische Wurzeln und bedeutet
in seinem Kern verboten. Obwohl die Bezeichnung
Harem weltweit bekannt ist, wurde das Gebäude, in dem
die Sultane mit ihren Frauen und Kindern wohnten, ursprünglich
von den Osmanen Dar'üs Saade, 'Haus der Glückseligkeit,
genannt. Wenn man vom Harem spricht, immer stellt man sich
darunter den geheimnisvollen Harem des Topkapi Palastes (Sarey)
vor. Und natürlich mit Verbindung die Geschichte der
Osmanen.
Das Leben im Harem, über das es viele fantastische Spekulationen
gibt, ist nicht genau zu beschreiben, weil niemand außer
den Bediensteten den Harem betreten durfte, solange nicht
eine Notlage es verlangte und es war verboten, außerhalb
des Harems über das private Leben des Sultans und seiner
Frauen zu sprechen, was jahrhundertlang phantastische Stoffe
für westliche und auch östliche Literatur geliefert
hat.
Von 1288 bis zum Ende des Osmanischen Reichs 1924 herrschten
38 Sultane. Es entstand nach und nach ein Grossimperium, dessen
Hauptstadt Istanbul war. Zu einem großen Herrscher gehörte
natürlich auch ein Harem mit vielen Frauen. In den Harems
Murat III. tummelten sich vermutlich bis zu 800 Frauen, und
hatte er 103 Kinder. Mit anderen Bewohnern des Harems zusammen
lag die Anzahl der Personen nie unter tausend.
Die osmanischen Herrscher lebten im Konkubinat. Die Sklavenhändler und
ergebene Privatleute lieferten dem Harem des Sultans Sklaven
verschiedenster Herkunft aus Europa, Asien und Afrika, und
zwar immer nichtmoslemischer Herkunft, da der Islam die Versklavung
von Muslimen verbietet. Der Sultan entliess die Favoritinnen
aus der Sklaverei, bevor er sie heiratete.
Die schönsten Frauen der Welt lebten im Harem in einer
festen hierarchischen Ordnung. Die Bewohnerinnen lebten in
grösstem Luxus, konnten aber in Begleitung den Harem
verlassen, um z.B. auf dem Basar einzukaufen oder ins Hamam
zu gehen. Die Frauen kamen aus den verschiedensten Kulturkreisen.
Einige kamen aus Königs- und Fürstenhäusern,
sie waren gebildet und hatten im Harem Gelegenheit, ihren
Neigungen nachzugehen. Es gab Malerinnen und Dichterinnen
unter ihnen, aber auch Musik und Tanz waren ein wichtiger
Zeitvertreib.
Es war eine große Ehre eine Haremsfrau zu sein und im
Gegensatz zu anderen Ländern hatte sie sogar Rechte und
Pflichten. Die Mutter des Sultans war die oberste Herrin des
weiblichen Haremspersonals und verfügte wie alle hohen
Damen des Seray über einen ersten und zweiten Eunuchen
und wurde von den obersten Palastdienerinnen und Dienstältesten
bedient. Die Mutter des Sultans, die Walide Sultan genannt
war, übte einen grossen Einfluss auf ihren Sohn aus.
Die Macht der Walide Sultan war besonders während der
Minderjährigkeit des Sultans sehr gross, sie übte
dann sogar eine Regentschaft aus. Die Mutter des Sultans war
manchmal so reich, dass sie Moscheen bauen oder, wie die Mutter
Ahmed III., Truppen ausheben konnte.
Den Einwohnern des Harems standen ungefähr 400 Gemächer
zur Verfügung darunter 10 Bäder, 2 Moscheen, ein
Krankenhaus, ein Gefängnis, die Schule der Prinzen, Toiletten
und Küchen.
Als Wächter der Haremsfrauen verwendete man schwarze
Eunuchen. Er suchte die Sklavinnen aus und schlug auch Beförderungen
im Harem vor. Eunuchen waren Kinder von Schwarzen, die aus Äthiopien und
dem Sudan entführt worden waren und mit speziellen Methoden
kastriert wurden.
Die Sklavinnen, die Osmanen "Cariye" nannte, mussten
einen schönen und makellosen Körper haben. Der Sultan
nahm niemals Sklavinnen, die am ersten Tag im Harem waren,
zu sich ins Bett. Nachdem sie sich im Harem eingewöhnt
hatten, war es einziges Ziel, dem Sultan aufzufallen und von
ihm erwünscht zu werden. Diese glückliche Sklavin,
die den Sultan auf sich aufmerksam machen konnte, wurden sie
"Gözde".
Jede Favoritin (Gözde) hatte den Wunsch, dem Sultan den
ersten Sohn zu gebären. Nur der erste Sohn gab ihr die
Chance, eines Tages als Mutter des neuen Sultans, damit sie
nicht nur Verwalterin im Harem sondern auch das Land führen
könnte, da der erste Sohn nach dem Tode seines Vaters
den ''Sultanstitel'' übernehmen würde.
Bevor sie dem Sultan trifft, wurde sie ins Bad geführt,
von den anderen Frauen gewaschen, alle Haare wurden entfernt,
man rieb sie mit Wohlgerüchen ein und kleidete sie elegant.
Wenn sie mit den Vorzügen ihrer Weiblichkeit dem Sultan
gefiel, konnte sie eine seiner ständigen Gemahlinnen
werden.
Die Sultane heirateten selten, es gab also keine königlichen
Hochzeiten wie in den christlichen Ländern. Fast alle
Sultane stammten daher von ausländischen Sklavinnen ab.
Als im Jahre 1909 die Jungtürken an die Macht kamen und
der Harem aufgelöst wurde, verliessen die Frauen ihren
"Goldenen Käfig".
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